Die Loreley

Wenn ich ein Vöglein wär

Stimmband Nr. 26

  1. Wenn ich ein Vöglein wär
    und auch zwei Flügel hätt,
    flög ich zu dir,
    |: weil’s aber nicht kann sein,
    bleib ich allhier.
  2. Bin ich gleich weit von dir,
    bin ich doch im Schlaf bei dir
    und red mit dir.
    |: Wenn ich erwachen tu,
    bin ich allein.
  3. Es vergeht kein Stund in der Nacht,
    da nicht mein Herz erwacht
    und an dich denkt,
    |: dass du mir tausendmal
    dein Herz geschenkt.
M.: Johann Friedrich Reinhardt (1752-1814), um 1784
T.: bei Johann Gottfried Herder, “Volkslieder”, Leipzig 1778/79

Die Loreley

Stimmband Nr. 27

  1. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin?
    Ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.
    Die Luft ist kühl, und es dunkelt, und ruhig fließt der Rhein;
    der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein.
  2. Die schönste Jungfrau sitzet dort oben wunderbar,
    ihr gold’nes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar.
    Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei;
    das hat eine wundersame, gewaltige Melodei.
  3. Den Schiffer im kleinen Schiffe ergreift es mit wildem Weh;
    er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur hinauf in die Höh.
    Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende Schiffer und Kahn;
    und das hat mit ihrem Singen die Loreley getan.
M.: Friedrich Silcher (1789-1860), 1837
T.: Heinrich Heine (1797-1856), 1824